Chiropraktor aus Wolfsburg arbeitet in der olympischen Klinik

Von Christian Schiebold - Wolfsburg Alexander Steinbrenner war bereits zweimal bei den World Games im Einsatz. Vielleicht behandelt er in den nächsten Tagen Sprint-Star Usain Bolt. Oder Diskus-Ass Robert Harting. Oder Tennis-Champion Roger Federer.

Doch wer auch immer sich in der zweiten Olympia-Woche auf seiner Liege niederlassen wird, Alexander Steinbrenner wird es für sich behalten müssen. Die ärztliche Schweigepflicht gelte schließlich auch für ihn, erzählt der Chiropraktor aus Wolfsburg, der sich am Samstag auf den Weg in die englische Hauptstadt macht. In der Poliklinik, inmitten des olympischen Dorfes, wird er bis zum Ende der Olympischen Spiele zum Einsatz kommen. Und zwar ehrenamtlich. ,,Der olympische Gedanke", sagt Steinbrenner, ,,ist der Grund, weshalb ich das mache." Mit anderen Worten: Dabeisein ist alles.

Als Judoka habe er in jungen Jahren von einer Olympia-Teilnahme geträumt, ein komplizierte Knieverletzung machte ihm jedoch schon mit 14 einen schmerzhaften Strich durch die Rechnung. Dass er es nun ,,auf indirektem Weg" doch noch zu den Spielen schafft, macht den 35-Jährigen stolz und glücklich zugleich. ,,Da schließt sich ein Kreis für mich."

Obwohl es für Steinbrenner die erste Olympia-Teinahme ist, verfügt er bereits über reichlich Erfahrung mit Großereignissen dieser Art. Schließlich war er schon zweimal bei den World Games, den olympischen Spielen der nicht-olympischen Sportarten, als Chiropraktor im Einsatz. 2005 in Duisburg, vier Jahre später im chinesischen Kaohsiung. Ein Plakat von damals hängt immer noch als Erinnerung in Steinbrenners Praxis in Wolfsburg.

Über die World Games sei letztlich auch der Kontakt zu den Olympia-Organisatoren entstanden, berichtet Steinbrenner, der als einziger Chiropraktor aus Deutschland für London ,,nominiert" wurde. Was ihn allerdings nicht davor bewahrte, das komplette Bewerbungsverfahren durchlaufen zu müssen. ,,Da lag die Messlatte ganz schön hoch."

So musste er beispielsweise seine chiropraktische Erfahrung im Sport nachweisen. Da war es sicherlich nicht von Nachteil, dass seit vielen Jahren die Wolfsburger und Braunschweiger Fußballer zu seinen Patienten zählen. Teil des Verfahrens war auch ein umfangreicher Sicherheitscheck. ,,Ich musste zum Beispiel angeben, wo ich in den letzten fünf Jahren gelebt habe."

Die Poliklinik bietet den Athleten dieser Tage eine medizinische Anlaufstelle auf allerhöchsten Niveau: Ärzte aller Fachrichtungen sind dort im Einsatz; des Weiteren gibt es diverse Operationssäle, eine radiologische Abteilung und eine Apotheke. In Spitzenzeiten würden dort mehrere hundert Menschen arbeiten, erzählt Steinbrenner. Besonders viel zu tun hätten erfahrungsgemäß die Zahnärzte. ,,Und das Besondere ist, dass die Leistung von allen Olympia-Startern kostenlos in Anspruch genommen werden können." Somit würde für die Sportler Chancengleichheit bestehen - zumindest aus medizinischer Sicht.

Unabhängig davon, welche Olympioniken der Wolfsburger letztlich behandeln wird, in erster Linie freut er sich auf das kollegiale Miteinander in einem interdisziplinären Team. ,,Einen solchen Austausch von Wissen findet man in keinem Seminar."

Seine Akkreditierung hat sich Steinbrenner bereits vor einigen Wochen in London abgeholt - und diese seitdem wie seinen Augapfel gehütet. Und auch die komplette Ausstattung hat er damals schon mitgebracht. Neben Hemden, Hosen und Socken gehörte auch ein Regenschirm dazu. ,,Für London gar keine so schlechte Idee", sagt Steinbrenner lachend. Wenngleich er den Großteil seiner Zeit wohl in der Poliklinik verbringen wird, wie er betont. ,,Wir sind ja schließlich nicht zum Vergnügen da." Die Wettkämpfe wird er, wenn überhaupt, nur im TV sehen. ,,Dafür bekomme ich in der Klinik andere Dinge mit."

Im Anschluss an die Olympischen Spiele wird sich Steinbrenner eine Woche Urlaub gönnen - und in der Zeit seine, wie er sagt, „ganz persönliche Medaille" in Empfang nehmen. „Ich werde nämlich zum ersten Mal Vater."